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Faerben mit Purpurpigment
 

Alte und vergessene Farben

Inge Boesken Kanold ist eine Künstlerin mit besonderem Interesse an seltenen, alten, oft vergessenen Farben.

Während eines längeren Aufenthaltes in Asien, beginnt sie
1975 in Indonesien mit ihren Recherchen zur Farbe Indigo. Auf Bali begegnet sie anderen Naturfarben wie Ocker, Zinnober, Auripigment, Russ, Weiss von verbrannten Kieferknochen, die noch bei einem Maskenmaler Verwendung finden.

Im Libanon kann sie im Jahre
1979 unter Mithilfe von zwei Wissenschaftlern der Amerikanischen Universität Beirut echten Purpur aus der Meeresschnecke Hexaplex (Murex) trunculus gewinnen und damit arbeiten.

Seit 1982 lebt und arbeitet sie in Lacoste in der Provence. Auf den lokalen Märkten gibt es die Schnecken, die sie zur Gewinnung von Purpur braucht. Das führte dazu, dass sie
1993 für ihre künstlerische Arbeit eine Farbe wiederentdeckte, die seit dem 7. Jahrhundert n. Ch. verloren war: Tekhelet, das Biblische Blau, oder auch der ‚ blaue Purpur’, so blau wie das Meer, aus dem er kommt.

Im Januar
2001 rekonstruiert sie zusammen mit John Edmonds und weiteren Purpurspezialisten die erste Fermentationsküpe mit frischen H. trunculus in den Werkstätten von OKHRA ( Conservatoire des Ocres et Pigments Appliqués) in Roussillon, Provence.

Diese Versuche brachten es mit sich, dass anlässlich einer Ausstellung im Frühjahr 2001 genannt "
Peaux de Peinture™" weitere verlorene Rezepte aufgespürt wurden: die Herstellung von Purpurpergamenten und purpurn bemalten Manuskripten.

Nach ihren Erfahrungen mit der Purpurküpe aus frischen Meeresschnecken, sucht sie nach einem Mittel, die Purpurdrüsen zu konservieren, um damit Tagungen in anderen Ländern zu besuchen. Im Jahre 2001 entdeckt sie, dass sich die herausgeschnittenen Drüsen in grobem Salz trocknen lassen, um damit jederzeit eine Fermentationsküpe anzusetzen.

Dies ist von Bedeutung für die Purpurforschung, weil es sich nun mehr erklären lässt, weshalb eine Purpurfabrik in Ober-Ägypten – weit entfernt von der Meeresküste - existieren konnte.

Im Oktober
2005, sechsundzwanzig Jahre nach den ersten Versuchen, gelingt es ihr mit Hilfe eines Chemiker-Freundes, Rolf Haubrichs, das Pigment aus Schneckenpurpur herzustellen. Es ist ein Malerpigment, das sich mit allen mageren Bindemitteln verarbeiten lässt, also Gummi Arabicum, Eiweiss (Clarea) und vor allem mit Kunstharzbindemitteln, nicht aber mit Öl oder Eigelb. Versuche haben ergeben, dass der Purpurton umschlägt zu blaugrau.

Anlass zu dieser erneuten Suche war eine Reise nach Akrotiri, Thera, eine Ausgrabungsstätte auf der Insel Santorin in Griechenland. Beim Ausbruch des Vulkans 1600 v.Chr. wurde Akrotiri und die gesamte minoische Kultur zerstört. Erst in der Mitte des letzten Jahrhunderts hat man diese unter dicken Aschenschichten verschüttete Stadt wieder entdeckt und damit auch eine Anzahl von Wandgemälden aus der Bronzezeit. Nach ihrer Restaurierung gab es eine weitere Überraschung: Wissenschaftler konnten bei einigen Bildmotiven echten Schneckenpurpur identifizieren.

Es sind bisher die ältesten Malereien der Welt, auf denen organischer Purpur noch heute, nach 3600 Jahren, zu finden ist.

Purpurküpe

Im Januar 2001 gelang es der Autorin, eine Purpurküpe nach alter Art mit frischen Murex trunculus (Hexaplex trunculus) herzustellen. Als Anleitung diente John Edmonds’ Monographie zum Thema : "Tyrian or Imperial Purple Dye. Historic Dyes Series n°7". Mehrere Purpurspezialisten, auch John Edmonds selber, waren anwesend bei diesem Seminar, das im Conservatoire des Ocres et Pigments Appliqués in Roussillon, Provence in Frankreich stattfand.
Die benötigten Meeresschnecken sind in Südfrankreich auf den lokalen Märkten zu finden, da sie als eine Delikatesse gelten.

Seit dem Fall von Byzanz im Jahre 1453 hat man nicht mehr von Purpurfärbungen im grossen Stil gehört. Rezepte liegen keine vor, wohl aber beschreibt Plinius der Ältere in der "Naturkunde" seine Beobachtung einer Purpurherstellung. Eine Zusammenfassung dieser Stelle in Deutsch lässt sich in dem Purpur-Beitrag in
wikipedia finden:

"Die Purpurschnecken wurden zerstampft (oder die Drüsen herausgeschnitten) und mehrere Tage in Salz gelegt. Danach kochte man die Masse mit Urin solange ein, bis nur noch der sechzehnte Teil übrig blieb. Während des Kochens wurden alle Fleischteile, die an die Oberfläche trieben, entfernt. Die Stoffe konnten dann in die Küpe eingetaucht und gefärbt werden. Erst am Licht entwickelte sich der Küpenfarbstoff in einer Enzymreaktion auf dem Gewebe von gelb nach rot. Dabei entstand ein äußerst unangenehmer Geruch."

Nach diesem Verfahren ist es kaum möglich, eine Fermentationsküpe mit Schneckenpurpur zu rekonstruieren. Das lange währende Einkochen mit Urin würde den Farbstoff zerstören.

Nachdem die Drüsen herausgeschnitten und in Salz gelegt sind, wird diese Masse unweigerlich purpurn werden. Salz hat hier die Funktion des Konservierens und um die Fliegen abzuhalten, mit denen bei industrieller Verarbeitung und dem warmen Wetter in Phönizien zu rechnen ist.
Füllt man mit Wasser auf, kann man Wolle oder Seide zu diesem Zeitpunkt durchaus hineingeben. Sie würden die Farbe unregelmässig ansaugen, aber es wäre nicht die für ihre Schönheit und Haltbarkeit so berühmte Purpurfärbung. Das läuft anders ab.

Die eingesalzene Drüsenmasse wird also mit Wasser aufgefüllt und erwärmt. Die Anwesenheit von Urin hat mit dem pH Wert zu tun. Auch wenn die Färber der Antike keinen pH Messer oder kein pH Papier hatten, wussten sie ganz gewiss die Zeichen des gewünschten Wertes zu erkennen. Anstelle von Urin konnte es natürlich Holzasche o.a. sein. Neuzeitlich ausgedrückt liegt der täglich zu kontrollierende pH Wert bei 8 –9.

Ganz wichtig ist es, die Temperatur zwischen 40 – 50° C zu halten. Das scheint auch Plinius bemerkt zu haben, denn er sagt: "Man erhitzt sie dann in einem Gefäss aus Blei, rechnet für 100 Amphoren Wasser 500 Pfund Färbemittel und erhitzt sie mit gleichbleibend mässigwarmem Dampf und deswegen in der Röhre eines langen Ofens."
An dieser Stelle kann man sich fragen, ob nicht - aus Unkenntnis der Praktiken - die diversen Übersetzer seines Textes uns falsche Informationen liefern. Es geht nicht ums Kochen sondern ums Erhitzen.

Nach 3 Tagen beginnt die purpurviolette, mit Schneckenresten vermischte Flüssigkeit, ihre Farbe zu verändern:
Das Violett wird zunächst grünblau und geht dann auf grün über. In den folgenden Tagen setzt sich die organische Materie am Boden ab. Die darüber stehende Flüssigkeit fängt an sich zu klären.
Spätestens wenn die Farbveränderung beginnt, darf kein Licht mehr an die Küpe dringen; denn davon hängt es ab, ob die zu färbende Wolle oder Seide purpurviolett oder purpurblau wird.

Bei einer kleinen Küpe kann man davon ausgehen, dass sie nach 7 Tagen ‚reif’ ist. Plinius spricht von 10 Tagen, was bei grossen Mengen sicher zutrifft.
‚Reif’ bedeutet, das Sediment ist von feiner, püreeähnlicher Struktur, die Flüssigkeit bleibt nun klar und hellgrün. Ein gewaschener, feuchter Wollfaden, für 4 – 5 Stunden unter Lichtausschluss eingetaucht, wird den Beweis bringen. Er kommt gelb heraus und entwickelt sich in frischem Wasser - immer noch im Dunklen - zu einer schönen purpurvioletten Färbung, die nach Belieben wiederholt und damit vertieft werden kann.

Was ist das Geheimnis für das Gelingen dieser Purpurküpe?

Chemisch geht es um die Reduktion des Färbebades, damit der Farbstoff haltbar auf die Faser aufziehen kann. Ausgelöst wird diese Reduktion durch die einsetzende Gärung, besser Fermentation, nach ungefähr drei Tagen. Dafür scheinen die organischen Bestandteile, die zwangsläufig an den Drüsen hängen geblieben sind, verantwortlich zu sein. Bei einer konstanten Temperatur von 40 – 50 Grad C und in der richtigen alkalinen Umgebung haben sie die besten Chancen, vermutlich ein Bakterium zu entwickeln, das – analog zur Waidküpe wie J. Edmonds es herausfand – die Reduktion in Gang bringt. Sie allein macht es möglich, dass der purpurne Farbstoff haltbar auf Wolle oder Seide aufzieht.

Purpur – Malerpigment der Antike

Im Oktober 2005, sechsundzwanzig Jahre nach den ersten Versuchen, gelang es der Autorin schliesslich, das Malerpigment der Antike, von Plinius purpurissum genannt, wieder herzustellen.

Viele Versuche waren nötig, um den richtigen Füllstoff zu finden, der den Purpurton unverändert von der Purpurschnecke
Murex trunculus (Hexaplex trunculus) wiedergeben konnte. Das von Plinius erwähnte Creta argentaria zum Aufsaugen des Sekrets der Hypobranchialdrüse widerstand nicht dem Prozess der Reinigung von zersetzenden Proteinen und anderen Abfällen.

Nach dem Waschen, Filtrieren und Trocknen der Purpurmasse entstand ein Pigment, das nach dem Zermahlen einen schönen violetten Purpurton zeigte. Bei jeder Herstellung allerdings kam es zu anderen Nuancen. Je nach Herkunft, Alter und Geschlecht ändert sich die Farbe von mehr rotviolett zu lilablau. Um es noch komplizierter zu machen: der Farbton des Purpurs von männlichen Drüsen unterscheidet sich deutlich von denen der weiblichen. Letztere haben einen schwächeren Ton, ihre Farbe ist weniger leuchtend als bei den männlichen Exemplaren.

Zum Malen verwendet man magere Bindemittel wie Gummi Arabikum, Eiweiss (Clarea) und vor allem Acryl, niemals dagegen Leinöl oder Eigelb. Fette Bindemittel verderben den Purpurton, lassen ihn nach einiger Zeit graublau werden.

Wie jedes andere Pigment kann der Purpur in einem Behälter aufbewahrt werden, ohne dass er sich verändert. Seine Herkunft wird er immer verraten: er riecht nach Meer und Algen.

Tekhelet – das Blau der Bibel

Tekhelet, das biblische Blau, ist die heilige Farbe des jüdischen Volkes. Verschollen seit dem 7.Jhd. nach Chr., kann man nunmehr von ihrer Wiederentdeckung sprechen. Tekhelet, blau wie Indigo, wird aus einer Meeresschnecke, der Hexaplex (Murex) trunculus), gewonnen.

Schon bei Moses liest man vom Unterschied zwischen dem roten Purpur (ARGAMAN) und dem blauen Purpur (TEKHELET), wenn es um die Beschreibung der Kultgegenstände aus dem heiligen Zelt geht. Er befiehlt den Gläubigen, das Tragen von einem blauen Faden – gefärbt mit tekhelet - innerhalb der geknoteten Fransen ihrer Kleidung, um bei seinem Anblick an Gott zu denken und ihm zu gehorchen.

Warum ist gerade tekhelet, das Blau aus dem Meer, die auserwählte Farbe? Darauf die berühmte Antwort von Rabbi Meir:

“Weil tekhelet dem Meer gleicht, das Meer wiederum dem Firmament, das Firmament dem Saphir, und der Saphir gleicht dem Thron der Herrlichkeit....”

Diese unbekannte Farbe hat mich so fasziniert, dass ich Anfang der 90ziger Jahre mich auf den Weg machte, sie zu finden und somit zu sehen. Da ich schon lange mit indigo und purpur arbeitete und gute Hilfe von Chemikern bekam, gelang mir 1993 meine erste künstlerische Arbeit mit dem blauen Purpur. Es war ein Höhepunkt in meinem Schaffen.



http://tekhelet.com/



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Küpe Mai 2005 051


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